Mit großem Bedauern und Unverständnis nehmen wir, die LSU Baden-Württemberg (Lesben und Schwule in der Union), den Ausschluss unseres Verbandes vom Familienfest des CSD Karlsruhe am Samstag, 7. Juni 2025 zur Kenntnis.
Diese Entscheidung trifft uns nicht nur als engagierte Mitglieder der queeren Community, sondern wir empfinden sie auch als diskriminierend gegenüber unserem langjährigen Einsatz für Vielfalt, Akzeptanz und die Rechte queerer Menschen innerhalb der Union.
Die Begründung des CSD Karlsruhe, wonach nur Organisationen zugelassen werden, die sich klar für die Rechte aller queerer Menschen einsetzen und sich aktiv von parteipolitischen Positionen distanzieren, die diesen Rechten angeblich entgegenstehen, halten wir für vorgeschoben und nicht sachgerecht. Die LSU ist seit ihrer Gründung im Jahr 1998 eine eigenständige Stimme für queere Anliegen in der Union und hat sich in der Vergangenheit immer wieder klar für die Rechte von LSBTIQ+-Personen ausgesprochen – zuletzt mit der bundesweiten Erklärung „Geschlechtliche Vielfalt – für Akzeptanz und Selbstbestimmung“ vom
7. August 2024.
Gerade weil wir innerhalb einer großen Volkspartei für Akzeptanz und Vielfalt kämpfen, ist es enttäuschend, dass uns der Raum für Sichtbarkeit und Dialog im Rahmen des CSD Karlsruhe verwehrt wird. Unser Ziel ist es, Brücken zu bauen und queere Anliegen in konservative Milieus zu tragen – ein Weg, der gesamtgesellschaftliche Fortschritt erst ermöglicht.
Diese Brücke nun einzureißen, halten wir für ein fatales Zeichen.
Für uns ist die Entscheidung des CSD-Vereins Karlsruhe eine Entscheidung, die von Vorurteilen gegenüber der CDU geleitet ist. Anders lässt sich nicht erklären, wieso mit zweierlei Maß gemessen wird. So bleibt für die Grünen folgenlos,
dass ihr Ministerpräsident Winfried Kretschmann sich wiederholt gegen das Gendern in Schulen und Behörden ausgesprochen hat. Die FDP in Baden-Württemberg hat an der Seite der AfD sogar eine Landtagsinitiative für ein Gender-Verbot an Schulen, Universitäten und Behörden forciert. Bündnis 90/Die Grünen oder die Linkspartei positionieren sich wiederum kritisch zur Legalisierung von Leihmutterschaften und damit gegen eine zentrale Forderung vieler schwuler Paare mit Kinderwunsch. All das spielt für den CSD Karlsruhe in der Beurteilung, ob parteipolitische Gruppen zu hundert Prozent auf Linie „der“ Community liegen, offenbar plötzlich keine Rolle.
Auch wird nicht gewürdigt, dass die CDU queeren Themen gegenüber so offen ist wie noch nie! Als die CDU zuletzt im Bund Regierungsverantwortung getragen hat, wurden von der Union – teils sogar federführend – wichtige Schritte für die queere Community beschlossen: Das Verbot sogenannter Konversionstherapien für Homosexuelle über die rechtliche Rehabilitierung von verfolgten oder dienstrechtlich benachteiligten Schwulen bis hin zum gesetzlichen Anspruch für
HIV-Präexpositionsprophylaxe.
Auch bekennt sich die CDU in ihrem neuen Grundsatzprogramm zur Vielfalt der Lebensentwürfe, wendet sich gegen jede Diskriminierung geschlechtlicher Minderheiten und hat die Akzeptanz gleichgeschlechtlicher Ehen festgeschrieben.
Im Koalitionsvertrag verpflichtet sich die Union ausdrücklich, „queeres Leben vor Diskriminierung zu schützen“ und die Rechte von trans- und intersexuellen Personen zu wahren.
Offenbar möchte der CSD Karlsruhe all das weder sehen noch würdigen. Die Entscheidung der CSD-Vereinsspitze ignoriert also die gesellschaftspolitische Entwicklung in der CDU vollkommen und verortet unsere Partei mit dem
CSD-Ausschluss näher bei der AfD als in der demokratischen Mitte. Das ist grob falsch und ein Schlag ins Gesicht all derer in der Union, die sich bereits seit Rita Süssmuth durchaus immer wieder wirksam für mehr Gleichberechtigung starkgemacht haben.
Wir prüfen derzeit rechtliche Schritte gegen diesen Ausschluss, da wir einen Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot und die Grundsätze der offenen, demokratischen Debattenkultur sehen, die auch innerhalb der queeren Community gelten müssen. Unser Engagement für die Rechte queerer Menschen bleibt davon unberührt.
Wir stehen weiterhin für Vielfalt, Dialog und gesellschaftlichen Zusammenhalt – gerade auch dort, wo es unbequem ist.
Statement von Jan-Philipp Scheu, Landesvorsitzender der LSU Baden-Württemberg
„Der Ausschluss der LSU vom CSD Karlsruhe ist ein fatales Signal für die gesamte queere Community. Damit wird der CSD-Verein weder der Entwicklung in der CDU als Ganzes noch der LSU im Besonderen gerecht. Wir erwarten vom CSD Karlsruhe, dass er Vielfalt und Pluralität nicht nur einfordert, sondern auch lebt.
Wer demokratischen Kräften die Tür vor der Nase zuschlägt, gefährdet den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Wir werden weiterhin für Sichtbarkeit, Akzeptanz und die Rechte aller queeren Menschen kämpfen – innerhalb und außerhalb der Union. Wir fordern den CSD Karlsruhe auf, seine Entscheidung zu überdenken.“